Es war mal wieder so weit, Luzifer hat Pauli seine Arbeiten
aufgegeben und macht sich auf den Weg. Pauli ist nun wieder allein in seiner
Höhle. Er wartet bis sein Vater weit genug weg ist um sich auf den Weg in die Menschenwelt
zu machen.
Er steigt aus dem Fahrstuhl, setzt seine Sonnenbrille auf
und schlendert durch die Stadt.
An einem großen Haus mit vielen Leuten vor der Tür bleibt er
stehen und fragt einen der Männer: „Entschuldigung, was ist denn hier los?“
Der Mann reagiert etwas distanziert und antwortet: „Nichts
Besonderes, wir haben Monatsanfang und beim Jobcenter ist mal wieder die Hölle
los!“
„Wow“ –denkt sich
Pauli - „die Hölle auf Erden? Das schaue
ich mir mal aus der Nähe an.“
Pauli schleicht durchs schlechtgelüftete Treppenhaus und
landet in einem überfüllten Wartezimmer.
Er stellt sich in die Mitte des Raumes und betrachtet die
Wartenden. Plötzlich sagt einer zu ihm: „Ej, Kleiner, was willst Du denn hier?
Bist Du nicht noch ein wenig zu jung?“
Pauli geht auf den Mann zu und antwortet: „Es kommt darauf
an, wofür ich zu jung sein soll.“
Der Mann ist zunächst von dieser Antwort überrascht,
läßt es sich aber nicht nehmen, die
Unterhaltung fort zu setzen.
„Also, Jung, hier muss man sich melden, wenn man nicht
selbst für seinen Unterhalt aufkommen kann. Dann muss man jede Menge Fragen
beantworten und wird dann in verschiedene Maßnahmen gesteckt.“
Pauli läßt sich die Worte auf der Zunge zergehen – „Unterhalt … Maßnahmen … Fragen“
„Was ist denn Unterhalt, was sind das für Maßnahmen und Fragen
muss man denn beantworten?“ fragt Pauli neugierig.
„Also, Unterhalt ist alles, was man so zum Leben braucht,
Dach übern Kopf, Essen&Trinken, Kleidung und eben auch ein wenig
Unterhaltung. Die Fragen kommen so aus der Richtung, was man den ganzen Tag so
macht und was man bisher gemacht hat und wie man sich seine Zukunft vorstellt
und die Maßnahmen reichen von Bewerbungstraining über Motivationscoaching hin
bis zum Selbstmanagement,“ erklärt der Mann.
„Aha, das ist doch einfach. Unterhalt brauche ich nicht, ich
habe eine schöne Höhle und wir haben ordentliches Feuer und zu
Essen&Trinken gibt es auch genug. Langeweile habe ich auch nicht, da ich
für meinen Vater Edelsteine sammeln muss und da ich gelegentliche Ausflüge
mache. Aber einen Fragen-Quiz und die
Maßnahmen würde ich gerne machen, besonders dieses Motivationsding, manchmal
habe ich nämlich keine Lust für meinen Vater Edelsteine zu sammeln.
Was muss ich da tun?“ fragt Pauli.
Der Mann ist leicht irritiert, möchte den Jungen aber nicht
ausbremsen. Somit erklärt er ihm das Prozedere.
Nach einigen Stunden des Wartens wird Pauli zu einem
Sachbearbeiter gerufen. Dieser wundert sich jedoch um das junge
Erscheinungsbild seines Kunden.
Und schon beginnt der Fragenmarathon: „Wie heißen Sie, wo
wohnen Sie, was machen Sie, blablabla?“
Pauli antwortet auf die Fragen und stellt nun die
Gegenfrage, wie es jetzt mit dem Motivationscoaching aussieht, da er manchmal
keine Lust habe, seinem Vater zu helfen.
„Aha“, Sie arbeiten also im elterlichen Betrieb? Zeigen Sie
mir mal die letzten Belege, arbeitet der Sachbearbeiter seinen Fragenkatalog
weiter ab.
„Ja, so könnte man es ausdrücken, Belege habe ich aber nicht“
antwortet Pauli brav.
„Keine Belege? Arbeiten Sie da etwa schwarz?“ erkundigt sich
der Sachbearbeiter.
„Schwarz? Also, es ist schon recht dunkel bei der Arbeit,
manchmal bin ich vom Kohlenstaub auch recht schwarz!“ beantwortet Pauli auch
diese Frage.
„Sie kommen also zu mir, um ein Motivationscoaching zu
machen, weil Ihnen ihre Schwarzarbeit nicht immer Spaß macht? Wollen Sie mich
auf den Arm nehmen“ entrüstet sich der Sachbearbeiter.
„Wenn ich dafür ein Motivationscoaching bekomme, kann ich
Sie gerne auf den Arm nehmen, ich bin ziemlich stark!“ antwortet Pauli.
„Jetzt reicht es mir aber, Sie stehlen mir und den anderen
Kunden die Zeit. Füllen Sie alle Belege aus und kommen dann nochmal wieder. So
unvorbereitet und unverschämt kann ich Ihnen nicht helfen.“
Mit diesen Worten will der Sachbearbeiter unseren Pauli vor
die Tür setzen, da hat er die Rechnung wohl ohne den kleinen Teufel gemacht.
Dieser ist nämlich inzwischen stinkesauer, weil er brav und
ehrlich auf alle Fragen geantwortet hat , er kein Motivationscoaching bekommen
soll und er nochmal wieder kommen soll.
Das ist überhaupt nicht motivierend, da ist die Arbeit für den Vater ja
spannender.
Er öffnet die Türe und geht hinaus. Macht sich draußen
unsichtbar und geht mit dem nächsten Kunden wieder zurück ins Büro des
Sachbearbeiters.
Pauli kann sich live davon überzeugen, dass der neue Kunde
auch nicht viel mehr Erfolg hat, als er.
Um den Sachbearbeiter ein wenig zu ärgern, schiebt er einen
Stapel Unterlagen vom Schreibtisch, so dass die Papiere quer durch den Raum
fliegen.
Der Sachbearbeiter bückt sich und sammelt alles wieder ein,
dabei denkt er sich „hätte ich die
Unterlagen nur sofort ordentlich weitergereicht oder abgelegt, jetzt habe ich
ein heilloses Chaos“.
Der Sachbearbeiter nimmt sich seine Kaffeetasse und trinkt
erst Mal einen ordentlichen Schluck. Sein Gegenüber sitzt einfach nur da.
Das Kundengespräch nimmt einen ähnlichen Verlauf, wie bei Pauli.
An der Stelle mit den korrekt ausgefüllten Belegen, greift sich Pauli den
Tacker des Sachbearbeiter und tackert die Hemdsärmel am Stuhl fest.
Als sich das Gespräch dem Ende neigt, will der
Sachbearbeiter aufstehen und dem Kunden die Hand reichen, dabei reißt er sich
seine Ärmel in Fetzen.
Mit den Nerven am Ende entläßt er den Kunden bis zum
nächsten Termin. Er schließt die Türe und setzt sich mit seinem Vorgesetzten in
Verbindung um eine Maßnahme zur Motivation vereinbaren. Diese wird aus
Kostengründen leider nicht genehmigt.
Pauli hat das Büro gemeinsam mit dem letzten Kunden
verlassen.
Nach diesem anstrengenden Tag im Job-Center ist Pauli
hochmotiviert die Arbeit bei seinem Vater ohne Murren weiter zu machen!
So hat er doch noch seine Maßnahme erhalten.
Draußen trifft er nochmal den netten Mann aus dem
Wartebereich. Da Pauli ihn gut leiden kann, schenkt er ihm einen seiner
Edelsteine.
Der Mann lehnt jedoch dankend ab, wegen der befürchteten
Probleme bei der Darstellung des geschenkten Vermögens im Zusammenhang mit der
Bewilligung der notwendigen Unterstützung.
„Dann eben nicht“ denkt Pauli, scheinbar ist den Leuten vor
oder hinter der Bürotür nicht so einfach zu helfen.
Aufgrund der Wartezeiten ist der Tag schon weit voran
geschritten und Pauli macht sich auf den Weg nach Hause, bzw. voller Motivation
an die Arbeit.
Er greift sich die allerschönsten Edelsteine aus seiner
Quelle und übergibt diese freudestrahlend seinem Vater.
Mutter Hilde wartet schon mit dem Abendessen. Heute gibt es
heiße Höllenhunde – so heißen die scharfen Hot Dogs!
"Na mein Sohn, hast Du auch dreckige Finger von der
Arbeit? Sonst hast Du Dir Dein Essen nicht verdient! Saubere Kinder bekommen
bei uns nichts!" sagt die wilde Hilde.
Pauli hat natürlich rabenschwarze Hände und seine
Fingernägel sehen aus als hätte er Gräber gebuddelt.
Luzifer eröffnet das Abendessen und anschließend bringt er Pauli
ins Bett.
"Mein lieber Junge, ähh böser Junge. Vielen lieben
Dank, ähh häßlichen Dank, dass Du mir auch heute wieder so schöne Edelsteine,
ähh häßliche Schmuddelsteine gefunden hast. Du machst mich immer sehr
glücklich, ähh traurig! Für Deine tolle Leistung, ähh schlechte Leistung habe
ich Dir wieder eine extra Portion heiße Kohlen ins Bett gepackt, damit Du gut,
ähh schlecht schlafen kannst!"
Pauli verabschiedet sich zur Nacht von seinen Eltern und
kuschelt sich in die extraheißen Kohlen ein und denkt schon mit Vergnügen an
den morgigen Tag.
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